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Siedlungspolitik in Israel |
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Mittwoch, 11. April 2001 aus N-tv Israel
"Die Entwicklung der Siedlungspolitik
in den vierziger Jahren, als Palästina noch unter britischem Mandat
stand, machten sich die Juden alte türkische Gesetze zunutze. Wer
innerhalb von 24 Stunden ein Dach über dem Kopf auf herrenlosem
"Kronland " errichtete, durfte dieses im Umkreis eines Tagesmarsches
sein eigen nennen. "Turm und Mauer" nannte sich diese
"Siedlungsbewegung" der eher sozialistisch ausgerichteten "Pioniere"
aus der Gründerzeit Israels. Nur dank dieser "Siedler " konnten sich
die Juden nach dem Abzug der Briten 1948 militärisch halten und ihren
Staat gründen.
Nach dem Sechs-Tage-Krieg, als Israel den Sinai, den Golan, das
Westjordanland und den Gazastreifen eroberte, entstand daraus eine
neue Ideologie rechtsgerichteter Israelis. Nicht mehr ein jüdischer
Staat war das oberste Ziel, sondern die Einnahme "biblischer Gefilde".
1968, zu Ostern, gründeten Fanatiker unter Rabbi Mosche Levinger die
erste "Siedlung" mitten in Hebron. Die sozialistischen Regierungen
zogen mit dem Alon-Plan nach. Darin waren Siedlungen auf dem
unbewohnten Bergrücken vorgesehen, um für Israel die Jordansenke
durch eine menschliche Siedlungsbarriere gegen Feinde aus dem
Osten abzusichern.
Weil dem noch bevölkerungsarmen Israel die Menschen fehlten,
besann man sich auf die Methode der Wehrsiedlungen", wo junge
Menschen Militärdienst und Landwirtschaft betrieben. Als Ende der
siebziger Jahre unter Menachem Begin die nationalistische Rechte an
die Macht kam, wurde die Siedlungspolitik zunehmend politischer.
Mitten in den arabisch bewohnten Gebieten wurden Siedlungen
errichtet, mit der Begründung, messianischen Glauben zu erfüllen.
Gleichzeitig ging es jedoch auch darum, den Arabern klarzumachen,
dass sie im "Land Israel " nichts zu suchen hätten.
Da erst wurden die Siedlungen zu einem echten Politikum und von der
Welt wahrgenommen. Die Landnahme wurde zunehmend zu einem
Kampf, nicht nur in der gegenseitigen Propaganda. Die
rechtsgerichteten Siedler halten sich für die wahren Nachfolger der
sozialistischen Pioniere der Gründerzeit. Die Israelis unterstützen sie
immer noch wegen dieses Mythos, obgleich sich die "Wehrdörfer"
längst überlebt haben und die Siedlungen eine unerträgliche Bürde für
eine politische Lösung des Konfliktes geworden sind.
Anstatt sich auf die Landesverteidigung zu konzentrieren, muss die
israelische Armee ihre Ressourcen bereitstellen, um Siedlungen und
Siedler zu sichern. Das ursprüngliche Ziel der messianischen Ideologie
der Rechtsnationalisten hatte ausgedient als der der damalige
Regierungschef Rabin Mitte der 90er Jahre "biblische Städte" aufgab
und sein Nachfolger Netanjahu den Rückzug aus Hebron
unterzeichnete.
Heute ist die "Siedlungspolitik", wie auch der Beschluss, 700 neue
Wohnungen auszuschreiben, längst nur noch Provokation gegen die
Palästinenser. Die provozieren ihrerseits die Israelis mit Angriffen auf
Siedlungen und Siedler. Das von Israels Regierung vorgeschobene
Argument des "natürlichen Wachstums" überzeugt selbst Israelis nicht
mehr. Immer mehr Siedler ziehen heimlich nach Tel Aviv um und reden
offen über die unerträglichen Gefahren für ihre Kinder auf dem
"Siedlerstraßen" in Gaza oder im Westjordanland"
Quelle: N-TV Archiv 11.4.2001 http://www.n-tv.de/
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